[Lösung]
Kurzform:
Das Magnetventil (Solenoid o.a. Differential Actuator) ist verstopft oder dessen Nadel/Kolben verklemmt, sodass der Druck der Pumpe auf die Lamellenkupplung nicht entweichen kann.
Langform (und deshalb entschuldige bitte die Verzögerung David):
Auf die ganze Sache aufmerksam geworden bin ich durch ein nächtliches Stöbern im Internet. Der
Blogeintrag von Chris Adams hat meine Symptome sehr genau beschrieben, so hatte ich viel Vertrauen in die Übereinstimmung der Problematik und dessen Lösung.
Chris Adams berichtet von einem festgegangenen Magnetventil, wodurch die gleichen Probleme wie bei mir entstanden. An meinem Fahrzeug war es jedoch was anderes, denn ich konnte sehr wohl zwischen einer gesperrten Achse (mit Trailview in Jscan oder Unterstzung) und dem sporadisch, meist bei kaltem Wetter vorkommenden leichten Sperren der Achse unterscheiden. Im Nachhinein kommt es mir so vor, als wenn der Kolben im Magnetventil nicht mehr ganz zurück ging (kurz vor Normalstellung hängen blieb) oder Dreckpartikel vor der Nadel/Düse saßen. An manchen Tagen oder im warmgefahrenen Zustand war der Fluss durch das Ventil ja auch frei und es sperrte nichts.
Ich habe in den vergangenen Wochen die benötigten Teile besorgt und über Ostern das vordere Differential ausgebaut.
Benötigt wird:
Position | Nummer | Bauteil | Preis inkl. MwSt. |
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1 | 52114003AF | Magnetventil (Solenoid, Actuator) | 131,25 € |
2a | 52114327AC | Kabelsatz Differential Vorderachse | 53,94 € |
2b | 52114328AC | Kabelsatz Differential Hinterachse | 40,67 € |
Ob Vorderachse oder Hinterachse, oder gar beide Achsen betroffen sind, könnt ihr 'einfach' feststellen: Hebt den Jeep ganz (mittels Hebebühne) oder zumindest Achsweise aus, sodass beide Räder einer Achse keinen Bodenkontakt haben. Getriebe in P. Nun an einem Rad drehen. Wenn euer Differential in Ordnung ist, dann dreht das Rad auf der anderen Seite in die entgegengesetzte Richtung. Bei der Hinterachse war dies bei mir der Fall, deshalb habe ich dort nichts unternommen. An der Vorderachse jedoch drehten sich erst beide Räder entgegengesetzt für etwa 15°, bis es sich dann überhaupt nicht mehr drehen ließ. Man konnte die Räder noch hin und her wackeln um das Spiel des Antriebsstrangs von Antriebswellen, Diff, Kardanwelle und VTG. Beide Räder waren wie starr miteinander verbunden für mehrere Minuten. Nach Zunahme eines Heiß- oder Kaltgetränks ließ sich das Rad wieder minimal verdrehen, ehe die Sperre wieder gegriffen, aber nicht mehr losgelassen hat. Durch die längere Pause fällt der Druck wieder an einer Stelle ab.
Wie bereits gesagt, an der Vorderachse musste ich in meinem Fall tätig werden und habe das Magnetventil bei Rockauto, das Kabel beim örtlichen Jeep Händler besorgt. Die Preise in der Tabelle sind von meinem nahegelegenem Jeep Händler.
In dem Topf, in dem das Magnetventil steckt, war eine Vielzahl an Ablagerungen drin (habe ich leider erst gereinigt und dann das Foto gemacht), stellenweise auch geklumpt, zumindest erschien mir die weichen Partikel größer als das Sieb des Saugstutzen der Gerotorpumpe. Insgesamt habe ich fünf Wischvorgänge mit einem fusselfreien Tuch (Lackierbedarf) benötigt, bis es in der Bohrung so sauber war, wie es auf dem Bild zu sehen ist.
Mit neuen Teilen versehen und fein säuberlich gereinigt war alles bereit für den Einbau. Das Leitungsstück mit Gehäusedurchführung (Pos. 2a) hätte ich nicht ersetzen müssen, habe es aber bei der Gelegenheit erneuert, samt Wellendichtringe für die Antriebswellen und Gummilager vorn und beifahrerseitig. Einzig das typische Gummilager an der Oberseite des Differentials musste ich zwingend ersetzen, da es bereits das typische Klonk Geräusch und Schlagen beim Schalten von R auf D oder D auf R / P gemacht hat.
Nach dem Befüllen des Differentials (C200FE) bis Unterkante Einfüllöffnung und durchdrehen der Räder in entgegengesetzter Richtung stellte sich bereits große Zufriedenheit ein. Zu meiner Verwunderung habe ich jedoch nur 1400 ml einfüllen können, was jedoch fast genau der Menge entspricht, die ich zuvor hab ablassen können. Die letzte Ölfüllung davor habe ich 2020 und etwa 15.000 km zuvor selbst vorgenommen. Das passt also für mich, wundere mich dennoch über die 1700 ml Füllmenge laut Handbuch/
Tabelle. Auch die darauffolgende Probefahrt verlief einwandfrei und nach dem händischen durchspülen der Lamellenkupplung war es auch nicht mehr notwendig mehrere Achten auf einer freie Fläche zu fahren. Keine sperrenden Achsen mehr bei meinem WH, wenn sie es nicht auch sollen. Und das wurde auch überprüft mittels Probefahrt.
Wir hatten im Verlauf von diesem Thema viele Thesen, die sich einerseits als richtig, manche auch als falsch herausstellen. Zusammenfassend möchte ich einige Aussagen für das QUADRA DRIVE II Allradsystem im WH / XK treffen:
- Eine Sperrwirkung an der Vorderachse (und auch Hinterachse) ist nicht normal, sofern kein Schlupf zwischen Rädern und Fahrbahn vorhanden ist.
- Das Magnetventil ist stromlos dauerhaft geöffnet (wenn nicht defekt), sodass selbst bei Drehzahlunterschied (Reifenfülldruck, Profiltiefe/Reifentyp, Kurven-innen/außen, ...) kein Druck auf das Lamellenpaket ausgeübt werden kann, und so auch keine Sperrwirkung erzielt wird. (Die Gerotorpumpe fördert Öl, ja, aber direkt in den Rücklauf)
- Ohne Untersetzung keine Mittendiffsperre: das VTG/Mittendifferential kann im 4Hi-Modus nicht sperren, auch nicht teilweise und auch nicht unter Anweisung des ESP, da die Sperre mechanisch durch den elektrischen Stellmotor eingerückt wird und dies zeitgleich mit der Untersetzung passiert
- Probleme bei dem oben beschriebenen Defekt treten beim kalten Differential eher auf, da die Viskosität höher ist und weniger an einem (teil-)defekten vorbei fließen kann
- Mit dem Differentialöl (mit oder ohne LS) hat dies in erster Linie nichts zu tun