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XJ 4.0 nonHO Limited
ZJ 5.2 Limited
ZJ 5.9 LX Canada
Urahn des Lifestyle-Allradlers
Von Tom Grünweg
Geländewagen zu Lifestyle-Wägelchen umzurüsten, war schon vor 60 Jahren populär: Die US-Firma Willys brachte 1948 die alltagstaugliche Jeep-Alternative Jeepster auf den Markt. Damals ein Total-Flop, ist das Cabrio heute eine gesuchte Rarität – und Vorbild für moderne Crossover-Modelle.
Eigentlich war die US-Autofirma Willys-Overland gut im Geschäft: Das Unternehmen hatte mit dem Jeep einen Volltreffer gelandet und im Zweiten Weltkrieg als Haus- und Hoflieferant der US-Army ordentliche Gewinne gemacht. Nach dem Krieg dämmerte den Verantwortlichen jedoch, dass man mit einem Jeep nach militärischem Muster allenfalls Farmer und Waldarbeiter begeistern konnte. Wer in der Stadt wohnte und das Leben endlich wieder zu genießen begann, der wollte sicher nicht wie ein Soldat über die Straßen hoppeln, sondern elegant und gediegen über die Boulevards flanieren.
Deshalb suchte Willys nach Alternativen - und erfand ein neues Genre: Den gezähmten, stadttauglichen Geländewagen. Die Idee gilt übrigens jetzt, sechs Jahrzehnte später, erneut als Ausweg aus der SUV-Sackgasse: Neuerdings setzt die Autobranche auf gerundete und abgespeckte Geländewagen und nennt diese Crossover-Konzepte.
Weil der Firma Willys, die heute Jeep heißt und zum Chrysler-Konzern gehört, damals Geld, Erfahrung und Material für eine komplette Neuentwicklung fehlten, varriierte sie den existierenden Geländewagen. Das Auto wurde in die Länge gezogen, der Allradantrieb über Bord geworfen, Türen und Kotflügel neu geformt und ein hübsches Stoffverdeck kreiert. Aus dem Militärwagen wurde so eine schmucke Cabrio-Limousine, aus Jeep wurde Jeepster.
Angetrieben wurde das Zivilauto von einem Vierzylindermotor mit dem charmanten Beinahmen "Go Devil". Beim 2,2 Liter Hubraum und rund 65 PS waren die Fahrleistungen jedoch alles Andere als teuflisch. Fast 22 Sekunden brauchte der Pkw-Motor mit dem weltweit längsten Zylinderhub, um den Jeepster auf Tempo 100 zu beschleunigen, und bereits rund 120 km/h war Schluss.
Das war schon damals dürftig, und heute wirkt der Klassiker erst recht bewegungsfaul. Dafür ist beim Fahrer Geschick gefragt, denn das Zusammenspiel von Fußstarter und Gaspedal sowie die Bedienung der am Lenkrad angeschlagene Dreigang-Schaltung sind ungewohnt.
Über den Umweg Südafrika nach Deutschland
Klaus Eckhard hat damit keine Probleme. Er ist der Besitzer des wahrscheinlich einzigen fahrbereiten Jeepster in Deutschland. "Seit ich das erste Mal von diesem Auto gelesen habe, war ich Feuer und Flamme und wollte unbedingt eins haben", sagt der Oldtimerfan, der das seltenes Schmuckstück in einer Zeitungsannonce entdeckt hat. "Der Wagen kommt aus Südafrika und hat offenbar nie einen Tropfen Regen gesehen", erläutert Eckhard.
Während die wenigen, direkt nach Europa gelieferten Jeepster längst dem Rostfraß anheim gefallen sind, steht dieses Modell bestens im Lack. Deshalb dient das Cabrio nun quasi als rollender Werbeträger für das Oldtimerquartier Zeitenströmung in Dresden, das ähnlich wie die Meilenwerke in Berlin und Düsseldorf zu einem Zentrum klassischer Fahrkultur werden will. Auf einer Fläche von 60.000 Quadratmeter gibt es klimatisierte Garagen, Restaurants und eine respektable Rennstrecke.
Die Kritiker jubelten, die Kunden wandten sich ab
Bei der Premiere des Jeepster 1948 waren nur wenige Menschen wirklich begeistert. Zwar wurde Willys Friedensbote von den Kritikern bejubelt, doch bei den Kunden fiel der damals knapp 1800 Dollar teure Sonderling durch. Gegen Konkurrenten mit sechs oder acht Zylindern wie den Ford-V8-Super-Deluxe oder den V6-Chevrolet-Fleetmaster wirkte der Vierzylinder-Jeepster schwächlich. Immerhin war die Ausstattung durchaus nobel. Das Lenkrad trug einen zweiten Chromreif, das Handschuhfach war abschließbar und es gab Zigarettenanzünder, Fußmatten und bequeme Sitze; außerdem Weißwandreifen sowie Radkappen aus Chrom.
Das allein aber lockte keine Kunden. Lediglich 10.000 Autos wurden im Jahr der Premiere verkauft, 1949 waren es noch 3000, und 1950 7000 Jeepster-Exemplare. Willys strich nach dieser Enttäuschung die Segel und verzichtete fortan auf den Bau von Zivilfahrzeugen.
Doch ganz vergessen ist der Jeepster nicht. Nicht nur Fanclubs erinnern regelmäßig an das erste Crossover-Modell der Autobranche. Auch die Marke Jeep nutze den alten Namen 2005 für eine neue Designstudie. Ein paar frische Ideen, das dürfte auch in Detroit inzwischen Allgemeingut sein, könnten derzeit nicht schaden.
http://www.spiegel.de/auto/fahrkultur/0,1518,584377,00.html
Micha
Von Tom Grünweg
Geländewagen zu Lifestyle-Wägelchen umzurüsten, war schon vor 60 Jahren populär: Die US-Firma Willys brachte 1948 die alltagstaugliche Jeep-Alternative Jeepster auf den Markt. Damals ein Total-Flop, ist das Cabrio heute eine gesuchte Rarität – und Vorbild für moderne Crossover-Modelle.
Eigentlich war die US-Autofirma Willys-Overland gut im Geschäft: Das Unternehmen hatte mit dem Jeep einen Volltreffer gelandet und im Zweiten Weltkrieg als Haus- und Hoflieferant der US-Army ordentliche Gewinne gemacht. Nach dem Krieg dämmerte den Verantwortlichen jedoch, dass man mit einem Jeep nach militärischem Muster allenfalls Farmer und Waldarbeiter begeistern konnte. Wer in der Stadt wohnte und das Leben endlich wieder zu genießen begann, der wollte sicher nicht wie ein Soldat über die Straßen hoppeln, sondern elegant und gediegen über die Boulevards flanieren.
Deshalb suchte Willys nach Alternativen - und erfand ein neues Genre: Den gezähmten, stadttauglichen Geländewagen. Die Idee gilt übrigens jetzt, sechs Jahrzehnte später, erneut als Ausweg aus der SUV-Sackgasse: Neuerdings setzt die Autobranche auf gerundete und abgespeckte Geländewagen und nennt diese Crossover-Konzepte.
Weil der Firma Willys, die heute Jeep heißt und zum Chrysler-Konzern gehört, damals Geld, Erfahrung und Material für eine komplette Neuentwicklung fehlten, varriierte sie den existierenden Geländewagen. Das Auto wurde in die Länge gezogen, der Allradantrieb über Bord geworfen, Türen und Kotflügel neu geformt und ein hübsches Stoffverdeck kreiert. Aus dem Militärwagen wurde so eine schmucke Cabrio-Limousine, aus Jeep wurde Jeepster.
Angetrieben wurde das Zivilauto von einem Vierzylindermotor mit dem charmanten Beinahmen "Go Devil". Beim 2,2 Liter Hubraum und rund 65 PS waren die Fahrleistungen jedoch alles Andere als teuflisch. Fast 22 Sekunden brauchte der Pkw-Motor mit dem weltweit längsten Zylinderhub, um den Jeepster auf Tempo 100 zu beschleunigen, und bereits rund 120 km/h war Schluss.
Das war schon damals dürftig, und heute wirkt der Klassiker erst recht bewegungsfaul. Dafür ist beim Fahrer Geschick gefragt, denn das Zusammenspiel von Fußstarter und Gaspedal sowie die Bedienung der am Lenkrad angeschlagene Dreigang-Schaltung sind ungewohnt.
Über den Umweg Südafrika nach Deutschland
Klaus Eckhard hat damit keine Probleme. Er ist der Besitzer des wahrscheinlich einzigen fahrbereiten Jeepster in Deutschland. "Seit ich das erste Mal von diesem Auto gelesen habe, war ich Feuer und Flamme und wollte unbedingt eins haben", sagt der Oldtimerfan, der das seltenes Schmuckstück in einer Zeitungsannonce entdeckt hat. "Der Wagen kommt aus Südafrika und hat offenbar nie einen Tropfen Regen gesehen", erläutert Eckhard.
Während die wenigen, direkt nach Europa gelieferten Jeepster längst dem Rostfraß anheim gefallen sind, steht dieses Modell bestens im Lack. Deshalb dient das Cabrio nun quasi als rollender Werbeträger für das Oldtimerquartier Zeitenströmung in Dresden, das ähnlich wie die Meilenwerke in Berlin und Düsseldorf zu einem Zentrum klassischer Fahrkultur werden will. Auf einer Fläche von 60.000 Quadratmeter gibt es klimatisierte Garagen, Restaurants und eine respektable Rennstrecke.
Die Kritiker jubelten, die Kunden wandten sich ab
Bei der Premiere des Jeepster 1948 waren nur wenige Menschen wirklich begeistert. Zwar wurde Willys Friedensbote von den Kritikern bejubelt, doch bei den Kunden fiel der damals knapp 1800 Dollar teure Sonderling durch. Gegen Konkurrenten mit sechs oder acht Zylindern wie den Ford-V8-Super-Deluxe oder den V6-Chevrolet-Fleetmaster wirkte der Vierzylinder-Jeepster schwächlich. Immerhin war die Ausstattung durchaus nobel. Das Lenkrad trug einen zweiten Chromreif, das Handschuhfach war abschließbar und es gab Zigarettenanzünder, Fußmatten und bequeme Sitze; außerdem Weißwandreifen sowie Radkappen aus Chrom.
Das allein aber lockte keine Kunden. Lediglich 10.000 Autos wurden im Jahr der Premiere verkauft, 1949 waren es noch 3000, und 1950 7000 Jeepster-Exemplare. Willys strich nach dieser Enttäuschung die Segel und verzichtete fortan auf den Bau von Zivilfahrzeugen.
Doch ganz vergessen ist der Jeepster nicht. Nicht nur Fanclubs erinnern regelmäßig an das erste Crossover-Modell der Autobranche. Auch die Marke Jeep nutze den alten Namen 2005 für eine neue Designstudie. Ein paar frische Ideen, das dürfte auch in Detroit inzwischen Allgemeingut sein, könnten derzeit nicht schaden.
http://www.spiegel.de/auto/fahrkultur/0,1518,584377,00.html
Micha