Polen, Litauen-Memel-Kurisches Haff

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seesternschnuppe1

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Moin,
ich gebe nachfolgend einen Kurzbericht zu einer Memelland-Tour, die ich mit Outdoor-Offroad Ende August/Anfang September gefahren bin und die mich quer durch Polen und dann nach Litauen entlang der Memel bis zum Kurischen Haff führte. Von dort ging die Reise nach einem Aufenthalt auf der Halbinsel per Fähre von Klaipeda zurück nach Kiel. Ganz bewusst setze ich hier Koordinaten rein, weil ich Geheimniskrämerei total bekloppt finde und es sich nicht nur für mich lohnen dürfte, die benannten Biwakplätze oder Orte anzufahren.

Tag 1, gefahrene km 601
Ich startete in Nordfriesland und traf mich mit dem Rest der Truppe am Grenzübergang Deutschland/Polen in Küstrin. Abends wurde auf einem Privatgrundstück in Rokitno, dessen Besitzer der Scout kannte, übernachtet. Das Grundstück verfügte über kein fließendes Wasser, keinen Strom aber dafür über ein reales Plumpsklo. Die Tourmitglieder gaben sich am abendlichen Lagerfeuer einem ersten Beschnuppern in Form einer „Vorstellungsrunde“ hin bevor man sich dem Wodka widmete. Es fuhren mit: der Scout mit seiner Frau in einem Discovery, ein Mitsubishi Pinin, ein Landy, ein Cherokee und ich.

Tag 2, gefahrene km 333
Wir fuhren durch Polen. Ein Land das ich erstmalig bereiste und ich musste feststellen, dass die Landschaft überaus beeindruckend war. Massig Wald, massig kleine Seen, massig Natur insgesamt, bei streckenweisen jedoch miserablen Straßenverhältnissen. Wir endeten an einem Campingplatz N 53°39´06“ E 19°34´14“ (einfach Camping Binduga in Google Earth eingeben, da sieht man auch Pics), der 14 Tage zuvor noch über Toiletten und Wasser an den WC´s verfügte. Die Campingsaison in Polen war jedoch vorbei und das „Sanitärgebäude“ sah nunmehr so aus:

Wie man erkennt, hatte der Campingplatzbesitzer nicht nur die Türen demontiert, sondern weiterhin alle Rohrleitungen und die sanitären Einrichtungsgegenstände wie WC´s und Waschbecken. Auf dem Weg zu diesem idyllischen Plätzchen, wurde ein Teilnehmer innerhalb geschlossener Ortschaften mit 79 km/h geblitzt, obwohl nur 50 km/h zulässig waren. Das kostete ihn 200 Zlotys, was umgerechnet 50 Eurönchen waren.

Tag 3, gefahrene km 219
An diesem Tag besichtigten wir die Wolfsschanze N54°04´46“ E21°29´37“ in Polen. Der schwachmatige Herr Hitler hatte sich da eine Stadt voller Bunker geschaffen, deren Decken 8 m stark waren. Da liefen zeitweise tausende Menschen herum während er nur gelegentlich in seinen Bunkern saß. Bevor er diesen Ort fluchtartig verließ, wies er die deutschen Pioniere an, die Bunker zu zerstören. Ich habe keine Ahnung, wie viel Sprengstoff das gekostet haben muss, aber es müssen ZIG EISENBAHNWAGGONS voll gewesen sein. Was die da zerbombt haben, und bis wo diese Trümmerteile flogen, man kann es nicht ermessen, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Ich habe auch den Ort des Attentates, welches der gute Oberst Stauffenberg leider nicht zur Zufriedenheit vieler Menschen vollendet hat, besichtigt. Das Buchen eines deutschsprachigen Fremdenführers kostete für einen einstündigen Rundgang 50 Zlotys. Der abendliche masurische Biwakplatz N53°59´27“ E21°45´43“ in der Nähe von Gizycko hatte übrigens kein fließendes Wasser, keinen Strom aber eine Sonnenaufgangsgarantie mit Seeblick.


Tag 4, gefahrene km 194
An diesem Tag passierte nach einer Fahrt durch viele landschaftlich ansehnlichen Wäldchen inmitten eines Waldes folgendes: Die check engine-Lampe leuchtete und die Motortemperatur betrug > 125°C. Ein Mitreisender schleppte mich noch 100 Meter weiter zu einem abgelegenen litauischen Privat-Campingplatz. Müßig zu erwähnen, dass dieser Platz N 54°01´257“ E23°34´724“ außerhalb der Saison bereits geschlossen war, über kein fließendes Wasser oder Strom verfügt, dafür aber ein überfülltes … Plumpsklo hatte und über einen Seeblick verfügte. Der Kühler war fratz und ich bat den ADAC um Hilfe.
Mitten in der Nacht kam der Abschleppdienst, dessen Rundumleuchten erst mehrfach auf der anderen litauischen Seeseite gesichtet wurden und mich trotz des Abschießens einer Signalpistole nicht fand, weil er kein Navi an Bord hatte und mit meinen vorab durchgegebenen Koordinaten nichts anzufangen wusste. Irgendwann inmitten der Nacht fand er den Weg, kämpfte sich durch den Wald und schleppte den Jeep huckepack ab.

Ich erwachte am Tag 5,

gefahrene Tages-km 8 jedoch LKW-Huckepack ca. 40 km im Dachzelt auf dem Rücken des LKW´s im Örtchen Druskininkai N 54°00´02“ E23°58´50“.

Man offerierte mir 14 Tage auf einen neuen Kühler zu warten, oder aber stattdessen den alten Kühler zu „restaurieren“. Die Burschen schickten das defekte Kühlerchen zu einem ortsansässigen Klempner, der zwei Kühlrippen dichtlötete. Während der Rest der Truppe im Ort diverse Sehenswürdigkeiten besichtigte, saß ich auf einem Campingstuhl an der Werkstatt.
Abends wurde dann ein Campingplatz in der Stadt angefahren, der über vier Sterne verfügte. Allerdings lag er inmitten der Stadt an einer Hauptverkehrsstraße N 54°00´35“ E23°58´34“.

Tag 6, gefahrene km 166 Es wurden viele litauische Wäldchen und holperige Schotter- oder Sandstrecken absolviert, wobei ich das Glas meines Scheinwerfers auf der Fahrerseite verlor. Es folgte eine provisorische Beklebung und ich fuhr aufgrund der Tageslichtfahrpflicht einäugig weiter. An diesem Tag gab es sogar eine an einem kleinen Bach endende Straße, die dann auf der anderen Seite fortgeführt wurde, so dass es ein knietiefes Gewässerchen zu durchfahren galt. Der Tagestrip endete an einem Plätzchen des Flüsschen Memel N 54°35´52“ E24°02´22“. Somit gab es erneut kein WC, keinen Strom …

Tag 7, gefahrene km 150
Die Tour führte uns entlang des Flüsschens Memel, wobei wir nette Plätzchen zum Übernachten (N 54°48´14“ E24°13´00“ und N54°48´28“ E24°13´53“) links liegen ließen. Festzustellen ist, dass auf den Dörfern Litauens eine erhebliche Armut herrscht. Die pflügen da teilweise die Felder noch mit nem Pferd und in den größeren Städten, sieht es hingegen nicht anders aus als bei uns. Leider hat das Flüsschen Memel zuhauf Steilhänge, so dass man nicht an allen Stellen an das Dingen rankam. Übernachtet wurde mal wieder auf einem Biwakplatz ohne Wasser inmitten eines Waldes, ohne Strom, ohne WC etc.

Tag 8, gefahrene km 155
Besichtigt wird eine Burg in Randone an der Memel.

Weiter geht es zu einem Örtchen mit der ältesten Pegelstandsmessung an der Memel (N 56°04´26“ E 22°35´14“) wo in einem Lokal eingekehrt wurde, das über eine deutsche Speisekarte und eine blonde deutschsprachige Bedienung verfügte, die mit einer beeindruckenden Oberweite ausgestattet war, was einzelne Mitreisende dazu veranlasste auf dem Rest der Tour häufig von „Möpsen“ zu sprechen. Wir fuhren weiter entlang der Memel parallel zur litauisch-/russischen Grenze. Übernachtet wurde erneut auf einem Platz ohne Wasser, Strom oder WC bei N 55°02´01“ E 22°04´35“, der aber unmittelbar am Fluss lag.

Tag 9, gefahrene km 96
Nachmittags wurde ein Campingplatz mit Duschen und WC direkt am kurischen Haff angefahren N 55°21´21“ E21°12´21“. Dort fand bei schönstem Sturm ein Surfwettbewerb statt und der Platz war tagsüber übervoll, leerte sich jedoch zum Abend hin, weil die Surfer nach ihrem Wettkampf wieder erschöpft abreisten.

Wie man unschwer erkennt, ist die Innenseite des kurischen Haffs ein nahezu „endloser“ See.


Tag 10, gefahrene km 122
Wir besichtigen das Städtchen Klaipeda, das mit seinem städtischen Charakter keine Besichtigung wert ist und setzen mit einer Fähre auf die dem kurischen Haff vorgelagerte Halbinsel über. Nachmittags finden wir uns im Örtchen Nida auf einem Campingplatz N 55°17´55“ E 20°58´54“ wieder. Der Platz ist während der regulären Urlaubssaison keinesfalls zu empfehlen, wie dem „Gästebuch“ an der Rezeption zu entnehmen war. Die Stellplätze inmitten des Kiefernwaldes waren wie verrückt parzelliert. Da wir außerhalb der Ferienzeit unterwegs waren, hatten wir jedoch Platz ohne Ende.

Hier mal ein Foto auf die riesigen bis zu 60 m hohen Dünen in Nida aus dem dortigen Hafen geschossen.


Tag 11, gefahrene km 51
Thomas Mann unterhielt im litauischen Örtchen Nida einst eine kleine Sommerresidenz mit Blick auf die „Innenseite“ des kurischen Haffs, das trotz seiner Verbindung zur Ostsee über Süßwasser verfügt. Die wandernden Sanddünen dort im Umland erreichen übrigens Höhen von bis zu 70 m und haben zu früheren Zeiten mehrfach Dörfer verschlungen.

Die Weite dieser Dünen, ist mit deutschen Inseln oder der dänischen Nordseeküste nicht zu vergleichen. Wir machten noch einen Kurztrip zur russischen Grenze und dann war der Tag auch schon vorbei.

Tag 12, gefahrene km 0
Es gibt einen Tag zur freien Verfügung. Ich setzte mich zum Strand ab. Interessant war, dass es an dem Ostseestrandabschnitt zwei Schilder gab. Eins zeigte nach rechts und bildete eine Frau ab, die einen Bikini trug, so dass es also einen Strandabschnitt für bekleidete Frauen ohne Männer gab. Und ein zweites Schild zeigte Mann und Frau ohne Bekleidung, was auf einen FKK-Abschnitt hinwies. Und nein, ich habe meinen Bikini nicht angezogen, um mich an den Frauenstrand zu begeben.

Tag 13, gefahrene km 76
Wir setzten von der Halbinsel mit der Fähre nach Klaipeda über und checkten am Abend auf einer Fähre ein, die uns von dort nach Kiel bringen sollte. Die Kosten für diese Fährfahrt waren in etwa so hoch, wie die Spritkosten es für die Rückfahrt über Litauen und Polen gewesen wären. Bei der Fährfahrt hingegen spart man rund 2 Tage Autofahrtzeit ein.

Tag 14, gefahrene km rund 110 von Kiel nach Nordfriesland und etliche Seemeilen von Klaipeda nach Kiel
Luxuriöse Doppelbettkabinen mit Dusche(!) und WC, das hatte was. Die Autos standen auf einem Deck und durften während der Fahrt nicht besucht werden, sonst hätte man auch im Dachzelt pennen können.
Wir fuhren am Vortag gegen 19:00 Uhr litauischer Zeit ab, kamen gegen 18:00 Uhr MESZ in Kiel an.

Zusammenfassend: Mir gefiel die Landschaft Polens mit den vielen Wäldern und Seen im Bereich Masurens echt gut und deutlich besser als die Landschaft Litauens, wenn man von der tollen Halbinsel am Kurischen Haff mal absieht. Nach Masuren würde ich irgendwann gerne nochmal eine längere Reise hin unternehmen. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass im Sommer/der Hauptsaison da ebenso wie auf der Halbinsel des Kurischen Haffs chronische Überfüllung herrscht. Was man bei so einer Tour unbedingt mitnehmen sollte, ist insbesondere in den Sommermonaten Mückenschutzmittel und wer ein Mimöschen wie ich ist, auch einen Hut mit Moskitonetz. Zur Beschaffung von Nahrung und Getränken wurden während der Tour regelmäßig Einkaufs- oder Kleinstläden angefahren. Alternativ konnte man in Polen und Litauen auch preisgünstig in irgendwelchen Restaurants Essen gehen. Tankstellen - auch für LPG (kein gesonderter Adapter beim Tanken erforderlich!) - lagen stets entlang der Route. Was sich empfiehlt, ist zum Tanken das Mitführen einer Visa-Card, da man in Litauen an den meisten Tankstellen mit einer normalen EC-Karte nichts werden kann. Die Reise selbst war von Outdoor-Offroad (dem Scout und dessen Frau, die als Navi auf 2 Beinen mitfuhr), wirklich gut organisiert und das Preis-Leistungsverhältnis war in meinen Augen absolut angemessen. Die restlichen Teilnehmer waren durchweg erträglich und keine Spinner, die, wenn es denn mal auf abgelegenen Waldwegen entlang ging, den Zwang hatten, zeigen zu müssen wie toll sie denn sind. Sinnig kann es sein sich rechtzeitig vor der Fahrt gegen die klassischen Zeckenbisse impfen zu lassen. Weil anfangs nicht klar war, ob es möglicher Weise noch nach Lettland geht, habe ich mich auch rechtzeitig einer Hepatitis A+B-Impfung unterzogen.

Ich kann die Reise mit dem Veranstalter durchweg empfehlen, wenn man keine Ambitionen hat häufig durchs unwegsame Gelände fahren zu wollen sondern eher etwas von der Weite des Landes sehen möchte. Die befahrenen Straßen waren streckenweise Staubschotterpisten und reichten mir persönlich aus, zumal man konzentriert fahren musste und dabei doch schneller als gedacht ermüdete und das trotz eines kleinen Mittagsnickerchens. Der kleine Mitsubishi Pinin hatte mit seinem kurzen Radstand auf Schotterpisten, die mit vielen Schlaglöchern durchsetzt waren, streckenweise Probleme sein Gefährt, das wie ein Flummi sprang, im Zaum zu halten. Da mussten wir gelegentlich etwas langsamer fahren.

Einige weitere Fotos der Tour hat der Pinin-Fahrer unter folgendem Link eingestellt:

http://picasaweb.google.de/freundschaft23/MemellandTour#


Hmm, ist doch etwas länger geworden das Gechreibsel als ursprünglich geplant.

Gruß Tom

Ps: Der Kühler hatte mit 160.000 km seine ursprüngliche Lebenserwartung bereits deutlich überschritten und ist zwischenzeitlich gewechselt worden. Auch die Scheinwerfergläser erfreuen sich zwischenzeitlich einer umlaufenden Silikonnaht.
 
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